DE / EN

Kommentar: Korruption in der EU

Failure11/12/2022

Ich möchte die Verhaftung einer Vizepräsidentin des EU-Parlaments (Eva Kaili) wegen Korruptionsverdachts mal für einen kleinen Rundumschlag nutzen:

Korruption ist in der EU weitgehend möglich und die “Bekämpfungsversuche” dagegen zahnlos. Mir geht das Gejammer gegen den Strich, dass angeblich eine korrupte Abgeordnete das Vertrauen der Menschen in die EU erschüttern würde. Blabla.

Wenn die großen Parteien diesen Eindruck wirklich schlimm fänden, dann könnten sie was dagegen tun. Zum Beispiel könnten Regelbrüche Konsequenzen haben. Aber viele Regeln werden nicht mal angewendet.
Warum ist Transparenz so wichtig? Weil erst dadurch Kontrolle und damit Machtteilung stattfindet. Ist also elementar für Demokratie.

Fängt schon beim Lobbyismus an: Was ist die Konsequenz, wenn Abgeordnete ihre Lobbytreffen nicht angeben? Im EU-Parlament wird man daran erinnert, es nachzuholen. Aber nur, wenn es irgendjemandem auffällt. Sonst passiert nix.

Manfred Weber (CSU), Chef der EVP, hat seit Anfang der Legislatur laut seiner Abgeordneten-Seite 0 Lobbyist*innen getroffen. Wer soll das glauben?

(Andererseits verständlich: Streng genommen müsste er alle Treffen mit seinen Parteikolleg*innen angeben, weil in der CDU/CSU quasi jede*r Lobbyist*in ist.)

Und Parlamentspräsidentin Metsola hat ihr letztes Lobbytreffen laut ihrer Abgeordneten-Seite am 03.06.2021 gehabt - vor mehr als 1,5 Jahren. Da müsste die Parlamentspräsidentin die Parlamentspräsidentin mal erinnern, das nachzuholen!

Grundsätzlich ist die Trennung von Politik und Wirtschaft de facto nicht gegeben. Der Besuch von einem einzigen Lobby-Empfang reicht, um zu erahnen, wie eng alles miteinander verzahnt ist. Die Milliardär*innen laden ein, die “Entscheider*innen” kommen.

Aber zurück zu den kaum vorhandenen Beschränkungen für EU-Abgeordnete:
Wer überprüft, ob die Nebenverdienste korrekt angegeben werden? Niemand.
Warum sind Nebenjobs und Nebeneinkünfte von Abgeordneten überhaupt erlaubt???

Und wenn es schon sein muss: Warum muss man sie nicht wenigstens zu 100 Prozent ans Parlament zahlen?

Die Möglichkeiten, sich für Entscheidungen bezahlen zu lassen, sind irre. Man kann z.B.:

(Es gibt garantiert noch Unmengen anderer Möglichkeiten, aber mir fehlt die kriminelle Energie – Betonung auf Energie! - um die Liste fortzuführen.)

Wer verbietet Politiker*innen “Berater*innenjobs” nach ihrer Amtszeit? Niemand. Oettinger z.B. verdient sich dumm und dämlich, ihm wurde das von von der Leyen (lol) erlaubt.

Für einige Politiker*innen ist ihr Mandat kein Auftrag von den Bürger*innen, sondern ein Geschäftsmodell. Das sieht man auch daran, wer z.B. in Beratungsunternehmen arbeitete, arbeitet oder arbeiten wird.
Die Möglichkeit, Entscheidungen zu kaufen, ist da. Das Problem ist systematisch. Im Parlament, in der Kommission und natürlich auch in den Mitgliedsländern und auf allen unteren Ebenen.

Wir leben im Kapitalismus. Alles ist käuflich. Und es ist enorm viel Geld da, um Prozesse zu beeinflussen. Die Demokraten schützen die Demokratie viel zu wenig.

Transparenz in der EU ist eine Farce und niemand, die*der korrupt sein will, muss sich so doof anstellen wie Eva Kaili und sich dabei erwischen lassen.

Ich wette, sie und ihre Kolleg*innen sind überrascht, dass sie erwischt wurden. Ich bin es jedenfalls. Wichtig zu sehen: Die Aufklärung kommt hier nicht aus dem Parlament, sondern von außen.

Dabei hat das Parlament selbst auch die Mittel, seinen Abgeordneten auf die Finger zu schauen. Sicher kann es nicht jede Form von Korruption verhindern, aber es versucht es noch nicht mal.

CDU, SPD, FDP und ihre jeweiligen EU-Schwesterparteien wollen Korruption ermöglichen und erleichtern, deshalb sind die Regeln so lasch. Punkt.

Press Review

Germany