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Allgemeine Kostenvergütung

Scheitern16.07.2020

Wenn das Europäische Parlament etwas im Überfluss hat, dann Geld und zu viele Regeln, an die man sich eigentlich halten sollte. Aber wenn man es nicht tut, ist es (leider oft) auch egal.

Als Beispiel: Monatlich habe ich ein Budget von 4.563,00 Euro, das ich für das Funktionieren meines Büros ausgeben soll. Offiziell trägt es den unattraktiven Namen "Allgemeine Kostenvergütung". Wir nennen es einfach "Bürokosten".

Davon darf ich Stifte und Blöcke kaufen. Was ich nicht kaufen darf, sind Snacks und Getränke, um meine Mitarbeiter*innen bei Laune zu halten. Es sei denn natürlich, wir haben ein Meeting, bei dem eine externe Person, die für das Treffen von Bedeutung ist, teilnimmt. Dann dürfen wir alle Kaffee trinken.

Um ehrlich zu sein: In den ersten Monaten hatten mein Team und ich Probleme, alle Regeln zu verstehen. Es gibt viele Richtlinien, teilweise unterscheiden sich die verschiedenen Sprachversionen inhaltlich voneinander und nie kann man sicher sein, ob es nicht noch eine aktuellere, tatsächlich gültige Richtlinie von irgendwas gibt. Zudem wurden wir auch noch schlecht beraten von Menschen, die schon lange im Parlament sind und sich an die Folgenlosigkeit von Regelbrüchen gewöhnt haben. Deshalb haben wir Dinge gekauft, die wir aus dem Budget eigentlich nicht hätten kaufen dürfen.

Zum Beispiel hätte ich nicht die Unterkunft von Praktikant*innen für die Fraktionsklausur in London aus dem Topf bezahlen dürfen. Dafür war einfach kein Budget vorgesehen. Sie oder ich hätten das also privat zahlen müssen. Oder ich hätte mein Team in Brüssel lassen müssen.

Hier könnt ihr detailliert sehen, wofür wir das Geld ausgeben und bisher ausgegeben haben. Wir haben alle von uns selbst erkannten Fehler mit "*" markiert. Die Fehler haben wir zwischen September und Dezember 2019 begangen - bis wir von einem Kollegen darauf aufmerksam gemacht wurden.

Die Transparenz hat also geholfen und unser Verhalten geändert. Durch öffentliche Kontrolle.

Auch wenn das nicht so sein sollte, gehören die Bürokosten in der Logik des Parlaments ohnehin mir, deswegen werden diese Fehlausgaben für mich wahrscheinlich nie eine Rückmeldung der Verwaltung zur Folge haben. Wenn doch, haben sie es durch diesen Text erfahren und das Parlament müsste plötzlich auch andere Abgeordnete kontrollieren und grundsätzlich dafür sorgen, dass kein Missbrauch damit betrieben wird: Unwahrscheinlich.

Update (19/10/2020): Die Parlamentsverwaltung hat tatsächlich diesen Text gelesen und mich kontaktiert, woraufhin ich das Geld zurückgezahlt habe. Cool: Wenn man Transparenz einführt, wirkt sie! Uncool: Alle anderen Abgeordneten bleiben durch die von den Abgeordneten selbst beschlossene systematische Intransparenz weiterhin unkontrolliert und können sich das Geld in die eigene Tasche stecken.